Kunst am Bau

Die Ausmalung der St. Antoniuskirche in Baden-Baden/Ebersteinburg wurde von Candace Carter und Tutilo Karcher in den Jahren 1994/1995 durchgeführt. Lesen Sie dazu von dem damalig amtierenden Pfarrer Bernhard Stöveken einen (leicht-gekürzten) Ausschnitt (Chorwand und Hintere Wand) aus dem Begleittext zum Kirchenführer. Herr Stöveken gab den Künstlern die wesentlichen theologischen Impulse für die Ausmalung.

DIE AUSMALUNG DER ST. ANTONIUSKIRCHE

Die Ebersteinburger Kirche ist dem heiligen Antonius, dem Mönchsvater aus der ägyptischen Wüste, geweiht. Einer der Kernsprüche des Antonius ist: "Alles ist Gnade".

Da nun bisheriges Kreuz und Bilder aus dem Leben des heiligen Antonius Gegenstand einer Ausmalung der Chorwand werden sollten, bot sich einmal als zentraler Punkt ein in der neueren Kunstdarstellung recht weniggebräuchlicher Gnadenstuhl in Verbindung mit zentralen Bildern aus dem Leben des heiligen Antonius als Chorwandgestaltung an.

Wichtig schien die bisher im allgemeinen Grau kaum wahrgenommene Untergliederung der Wand farblich hervorzuheben und eine neue symbolische Farbbetonung zu geben in den Farben stellvertretend für die vier Grundelemente: Blau für Luft, Purpur für Wasser, Rot für das Feuer und Weiß für die Erde. Letzteres läuft um die ganze Kirche herum.


DIE CHORWAND


Die Chorwand


Dreh- und Angelpunkt der Altarwandgestaltung sind das Kreuz, das lachsrosa bemalt ist, der Farbe der Erlösung, wie sie im Mittelalter verwendet wurde und alle Teile der Gesamtkonzeption verbindet. In diesem Kreuz sind die vier Dar- stellungsplatten verbunden. Zentrum der malerischen Darstellung ist die mittlere Platte mit dem Gnadenstuhl. Der Gnadenstuhl ist eine am Ausgang des Mittelalters sehr beliebte Ausdrucksform der Hineinnahme des Kreuzesopfers Jesu in den theologischen Gedanken der Heiligsten Dreifaltigkeit.

Der Künstlerin Candace Carter und dem Künstler Tutilo Karcher aus Karlsruhe, die den Konzeptentwurf für die gesamte Ausmalung der Kirche von der Bau- und Kirchenleitung zugesprochen bekamen, oblag es nun, gerade in der Gestaltung des Gnadenstuhls das Geheimnis auch zum Ausdruck zu bringen, das die Kirche in der Eucharistie feiert.


Chorwandmitteltafel


Ausgehend von neueren Erkenntnissen der Theologie und die Scheu in unserer Zeit, Gott Vater darzustellen, aber auch durchaus sich der Symbolik unserer Zeit bedienend, gelang es Tutilo Karcher durch die Formlosigkeit Gottes, von dem nur der Kopf, die Hände und die Füße erscheinen, durch die kreisförmigen Farben des Regenbogens und seiner Umkehrung wieder um das Haupt Christi sowie in dem Mandala eine Leibhaftigkeit Gottes zu vermitteln. Um so mehr als die Hände Gottes die Arme des Gekreuzigten halten und der Corpus des Gekreuzigten im gedachten Schoß Gottes liegt. Eine göttliche Pieta! Zumal Barmherzigkeit im Hebräischen dasselbe Wort ist wie Mutterschoß.

Ebenfalls ist im Hebräischen das Wort für Geist Gottes "Ruach Jachwe" ein weibliches Wort. So verbindet die hineinfliegende Gestalt als weibliche Gestalt in Rückenansicht mit den Händen den Mund Gottes - "und das Wort ist Fleisch geworden" - mit dem Haupt des Erlösers. Der Kopf der Gestalt ist geziert mit Sonne und Mond und, Symbol der weiblichen göttlichen Macht außer-israelitischer orientalischer Religionen, der Schlange als Sinnbild des Lebens, der Weissagung und des geistigen Prinzips der zyklischen Weltordnung. Durch das schemenartige Gebilde unterhalb des Mandala erscheinen in Gold die Symbole Israels als Stern und siebenarmiger Leuchter, zugleich als Sinnbild göttlicher Macht, als Bundeslade. Sie bilden den Übergang zu den vier Wesen als Anbetung seiner Macht. Gott war für den Künstler nicht zu malen, aber seine Wesen - man beachte die schier unerschöpfliche Detailarbeit. Diese Wesen sind die alttestamentlichen Vorbilder der vier später geformten Evangeliensymbole. Um das Sitzen Gottes auf dem Thron sichtbar zu machen erscheinen ebenfalls unterhalb des Mandala die Füße Gottes, Gottes Thron als Gnadenstuhl Gottes eingebunden in das Erlösungsleiden Jesu, vollzogen in der Barmherzigkeit der Weiblichkeit Gottes. Hier wird durch die Andeutung göttlichen Seins in der Menschwerdung der Gotteserlösung vieles unserer heutigen Theologie in verborgenen und doch wieder zu lesenden Bildern sichtbar, wobei dem Kreuzesgeschehen der vorhandene Corpus des Kreuzes in seiner schon Auferstehung ahnenden Gestaltung gute Voraussetzungen für die Darstellung dieses Gnadenstuhls bietet und somit zur neuen Bundeslade wird.


DIE HINTERE WAND

    
Ausschnitte des Rosenbands


Wände zu rückwärtigen Emporen, die im Mittelalter alle keine Orgelemporen waren, wurden sehr oft mit Bildern von Zeugen des Glaubens, zum Beispiel den Aposteln, ausgestaltet. Es entstand gerade im Jahr des 900-Jahrgedächtnisses der Pfarrgemeinde Ebersteinburg der Gedanke, Zeugen des Glaubens aus der Geschichte von Ebersteinburg zu nehmen.

Noch ausdrucksstärker als im Rosenband griff die Künstlerin Candace Carter zur Graffiti-Hintergrundmalerei. Die Schriftzüge sind nicht mehr verdeckt, sondern treten offen zutage. Eine der dargestellten Personen aus der Geschichte von Ebersteinburg und Umgebung ist die Heilige Kaiserin Adelheid von Seltz. Berthold von Eberstein und Abt Friedrich von Hirsau sind die Partner, die die Urkunde abfassten, in der die Kirche von Ebersteinburg vor 900 Jahren erstmalig erwähnt wird. Die 750 Jahrfeier des Kloster Lichtental färbte sich auf die Gründerin, Irmengardis, ab. Der selige Bernhard von Baden gehört selbstverständlich zur Geschichte von Ebersteinburg wie Agnes von Baden, die vermutlich ursprünglich das Ebersteinburger Kreuz erworben hat. Katharina von Burstah ist die einzige Klausnerin, die uns namentlich überliefert ist. Pater Venerandus von den Kapuzinern rettet Altäre und Devotionalien aus dem Kapuzinerkloster in Baden-Baden in die Kirche nach Ebersteinburg. Als besonderer Förderer des Antoniuskult hier in Ebersteinburg und des von den Ebersteinburgern so geliebte Antoniusliedes bekam Pfarrer Weber als einziger Pfarrer seinen Platz an der Wand. Auch ein Ehepaar ergab Möglichkeit auf Badische Geschichte zu verweisen. Das RevoIutions- und Dichterehepaar Georg und Emma Herwegh, die aus ihrem Glauben heraus Verfechter der zu erlangenden Freiheit des Volkes waren, die sie an die Spitze der 48iger Revolution im Badischen treten ließen. Und nicht zuletzt Ulrike Nisch, die jüngste Selige aus unserer Diözese, die eine Zeitlang auch im Vinzentiushaus in Baden-Baden arbeitete.

Dort, wo im Mittelalter Christus als Allherscher residierte, Ist die Schauseite des Ebersteinburger Kreuzes rekonstruiert, um so auch beim Hinausgehen aus der Kirche darauf zu verweisen, dass das Kreuz uns hinausbegleitet ins Leben mit der Gnade Gottes und der Fürsprache des heiligen Antonius in der radikalen Nachfolge des Kreuzes.

Der Kirchenführer St. Antonius Baden-Baden ist bei Candace Carter sowie unter folgenden Adresse erhältlich:

Pfarrbüro St. Eucharius-Balg
Pfarrweg 1
76532 Boden-Baden
Telefon: 07221/66129
Aus dem Kirchenführer von St.Stephan, Karlsruhe:

In der Nähe der Seitenaltäre von St. Stephan in Karlsruhe erinnern vier kleinere Gemälde der Karlsruhe Künstlerin Candace Carter an zwei Ordensfrauen und zwei Ordensmänner, die Pabst Johannes Paul II. seliggesprochen hat. Links die Kölner Karmelitin Edith Stein (1891-1942) und der Jesuit Rupert Mayer (1876-1945), beide 1987 in Köln beziehungsweise in München seliggesprochen. Sie, eine geistvolle Philosophin, wurde im Vernichtungslager Auschwitz umgebracht; er, ein unerschrockener, wortmächtiger Männerseelsorge in München, wurde von den Nazis hart bedrängt und schwer gedemütigt, was zu seinem Tod bald nach Kriegsende führte. Edith Stein wurde im Oktober 1998 von Johannes Paul II. zudem heiliggesprochen. Rechts die Hegner Kreuzschwester Ulrika Nisch (1882-1941). Ulrika Nisch, vor allem im Süden des Erzbistums Freiburg hoch verehrt, eine äußerst bescheidene Ordensfrau, die in selbstvergessener Liebe demütig Gott und den Menschen zugetan war, wurde 1987 in Rom seliggesprochen. Pater Kolbe, in Auschwitz von den Nazis gefangengehalten, ging für einen dazu verurteilten Mitgefangenen in den tödlichen Hungerbunker. Er wurde 1971, ebenfalls in Rom, seliggesprochen.


Ulrika Nisch
Edith Stein